Samstag, 3. August 2013

First Week of University

Montag

Diese Woche ging es dann endlich richtig los mit meinen Kursen hier - naja, zumindest so halbwegs.


Diesen Montag waren nämlich alle Universitätsangestellten zum Streik aufgerufen. Bei diesem Streik ging es, wie sollte es anders sein, um Geld, die Regierung streicht wohl auch hier Gelder, verlangt aber mehr Arbeitsaufwand von jedem Einzelnen.
Die meisten Kurse fanden wohl trotzdem regulär statt, mich erreichte jedoch am Sonntag noch eine Mail eines meiner lecturer, dass der Kurs diese Woche erst um 12Uhr, also nach Ende des Streikes, statt um 9Uhr beginnen würde. Natürlich würden diese Stunden aber später in der Woche nachgeholt werden müssen, daher bin ich hier jetzt nicht in Jubel ausgebrochen^^

Montag bin ich dann also so gegen 10:30Uhr hier aufgebrochen - nicht, weil ich 1 1/2h zur Uni brauche, aber alle Studenten hatten eine Mail der Uni bekommen, in der darauf hingewiesen wurde, dass man beim Betreten des Campus möglicherweise von den Streikenden aufgehalten und über ihre Ziele aufgeklärt wurde und angehalten, sich dies dann auch anzuhören. Außerdem wollte ich die PowerPointPräsentation für meinen ersten Kurs vorher noch ausdrucken und war mir zudem nicht sicher, ob ich gleich das richtige Gebäude und den Raum finden würde. An dieser Stelle füge ich mal eine Karte vom Campus ein, damit ihr eine ungefähre Vorstellung von den Dimensionen hier bekommt:


Der Weg von mir zur Uni ist zwar nicht weit, aber es gibt große Kreuzungen und viele Ampeln mit kurzen Grünphasen, die ihn gefühlt verdoppeln^^


Montag morgen/mittag hat dann aber alles gut geklappt und Maya (UK), zwei weitere Freundinnen von ihr, Alma (Israel, studiert aber in Holland) und ich saßen pünktlich um 12Uhr im "Cinema" für unsere erste Vorlesung zum Thema "History and Film: Nazi Germany and the Jewish Holocaust". Das Kurskonzept sieht jede Woche das "Screening" eines Filmes über den Holocaust vor, anhand dessen dann u.a. über die Darstellung des Holocausts sowie die Grenzen dieser Darstellung gesprochen werden soll.
Die erste Vorlesung ging eine Stunde und - im Gegensatz dazu was ich aus Deutschland gewohnt bin - ging es nach einer kurzen Vorstellung direkt mit dem Stoff los. Ein weiterer Unterschied zu einer deutschen Vorlesung liegt darin, dass hier der Lehrkörper wie in einem Seminar Fragen stellt. Außerdem spricht man den Lehrkörper mit dem Vornamen an - erstmal komisch, aber man gewöhnt sich schnell daran und die Atmosphäre ist angenehm.
Im Tutorium, das nach einer Stunde Pause für Maya, Cathy und mich um 14Uhr begann, gibt es außerdem Mitarbeitsnoten, die sich im Falle des "History und Film"-Kurses aus einem allwöchentlichen kleinen Test über die zu lesende Lektüre und eben der Mitarbeit zusammensetzen.

Nach einer weiteren Stunde Pause begann um 16Uhr dann die zweistündige Vorlesung zum Kurs "Australian Idol: Exploring Contemporary Australia". Dieser Kurs bietet eine allgemeine Einführung zum Thema Australien und wird daher auch fast ausschließlich von Exchange Students besucht. Außerdem gibt es viele Fieldtrips, so besuchen wir beispielsweise nächste Woche ein "Footie-Match" und machen Ende August eine Outbacktour.

Nach der Vorlesung beschlossen Andonny, Kim, Diego und ich dann, ein weiteres Angebot der Uni auszutesten - den Free Food Monday :D
Das Problem bei der Sache war, dass wir uns nicht ganz sicher waren ob und wo dieser stattfinden würde und dass unsere Vorlesung um 18Uhr aus war, das Essen jedoch erst auf 19:30Uhr angekündigt war - weshalb wir dann nach einer Weile auch etwa so aussahen:


Das Warten hat sich dann aber doch gelohnt, es gab wahlweise Curry mit Reis oder Nudeln mit Tomatensoße. Da es uns gut geschmeckt hat (und umsonst war^^) kommen wir ab jetzt dann jede Woche ;)



Dienstag

Am Dienstag hatte ich dann "schon" um 10Uhr Uni, los ging es mit einer lecture zum Kurs "Cross Cultural Interactions on the Colonial Frontier". Es geht hierbei um die Begegnungen zwischen Kolonisten und den "Indigenous People", auch bekannt als Aborigines.
Die Vorlesung selbst war zunächst sehr theoretisch, es ging um die Klärung von Begriffen wie Kolonismus, Imperialismus und Postkolonismus. Dieser eher gemischte erste Eindruck wurde aber am Donnerstag im Tutorium gleich ins Positive korrigiert, aber dazu später mehr.
Danach hatte ich eine Stunde Pause, bevor es zur nächsten Lecture für meinen vierten Kurs "Anzac Legends - Australians at War" ging. Dies war die Veranstaltung bei der ich mir von Anfang an am Unsichersten war, ob ich sie wirklich belegen will - jetzt ist sie auf dem besten Weg meine Lieblingsveranstaltung zu werden.
Wir hatten zunächst einen Gastvortrag, wenn ich es richtig verstanden habe arbeitet er für den Staat oder so. Auf jeden Fall hat er uns in das "Thema" der Repatriation Files eingeführt, dass sind Dokumentsammlungen (medizinische Berichte, Briefe, Anträge, usw.) von am 1. WK beteiligten Australiern. Diese wurden vor nicht allzu langer Zeit freigegeben und wir sind unter den Ersten die sie anschauen dürfen. Jeder bekommt 25 dieser Akten (dabei sind Variationen von 1-200 Seiten möglich) und muss jeweils einen Fragebogen dazu ausfüllen der dann in Zukunft als Überblick für diese Akte dienen wird. Und auch wenn das wohl viel Zeit kosten wird freue ich mich echt schon darauf =))
Danach hatte ich wieder Pause, diesmal allerdings 2h und die habe ich genutzt um mit Mitchell zum "MSA Festival" zu gehen, wo sich die wirklich zahlreichen Clubs und Studentenorganisationen vorgestellt haben. Mein Favorite ist ja der Muggel Club - beigetreten bin ich allerdings nicht, weil das Geld kostet und man die Aktivitäten auch als Nicht-Mitglied besuchen kann^^
Nachmittags hatte ich dann das Tutorium zu den "Anzac Legends" wo wir in Kleingruppen erste Repatriation Files analysieren durften und ich mich dann doch noch getraut habe zu fragen warum Australien sich denn überhaupt am 1. Weltkrieg beteiligt hat (für alle ebenfalls Unwissenden: Weil GB teilgenommen hat und sich die Australier als Teil GB's fühlten, eine Frage der Ehre also).
Anschließend hatte ich - zur Abwechslung mal - wieder eine Stunde Pause und dann noch das Tutorium zu "Australian Idol". Hier habe ich Isabell wieder getroffen, eine andere Deutsche die ich im Laufe der Orientation Week schon einmal getroffen hatte. Wir waren beide froh, nicht die einzigen zu sein, deren first language nicht Englisch ist - dann ist man nicht der einzige der immer mal wieder nichts versteht^^
Hier haben wir dann noch ein paar interessante Fakten über die Australier erfahren: Es ist ja allgemein bekannt, dass sie ziemlich sportbegeistert sind; was aber zumindest mir nicht klar war ist das weit verbreitete Desinteresse an Politik. In der Zeitung die David (Tutor) uns mitgebracht hat durfte sich der Politikteil seine eine (!) Seite mit Advertisments teilen... Und das wo Anfang September auch noch Wahlen sind... Dazu erzählte er uns die nette Anekdote, dass es in den 70er Jahren eine Abstimmung über das Wahlrecht gab, also darüber ob sie es haben wollten oder nicht. Die Mehrheit der Aussies stimmte dabei gegen das Wahlrecht - seitdem ist es für jeden Australier Pflicht wählen zu gehen, wer das nicht tut muss eine Strafe zahlen (Übrigens ein weiterer Fakt der mir hier aufgefallen ist, für jedweden Regelverstoß wird man kräftig zur Kasse gebeten, u.a. auch für das Überqueren einer roten Ampel). Die Australier selbst sagen dazu übrigens nur "we're a bit lazy", frei nach dem Motto no worries, läuft schon alles ;) Bürgerbewegungen wie bei uns rund um Stuttgart21 sind hier undenkbar.
Aber weiter im Text, abends stand noch Kino auf dem Programm. In Melbourne findet derzeit nämlich das "Melbourne International Film Festival" statt und der Move Exchange Club (MEX) hatte für uns internationale Studenten einige Freikarten für den Film "What Maisie Knew" organisiert.
Von dem Film will ich jetzt gar nicht viel erzählen, ich füge aber den Trailer an, falls ihr die Chance habt, der Film ist sehr sehenswert =)

nettes Bild^^

Achja, ich glaube ich hatte irgendwo schon mal erwähnt, dass unsere Uni einen eigenen Sicherheitsdienst hat den man in allen möglichen Fällen konsultieren soll. Das haben Paul und ich dann am Dienstag auch gleich mal getestet, da Paul seine Myki in der Uni liegen gelassen hat. Und tatsächlich, in so einem Fall geht ein geschulter Sicherheitsbeamter auf die Suche nach der Karte die ein Student liegen gelassen hat - das nenne ich Service :D

Mittwoch

Morgens habe ich mich mal ein bisschen um mein Unizeug gekümmert, Mitschriebe abgeheftet und sowas. Um eins bin ich dann mit Mitchell zum Salsakurs gegangen - in der ersten Woche kann man sich das ganze mal umsonst anschauen und entscheiden ob man mitmachen will oder nicht.
Ich war ja erst ziemlich skeptisch, bin halt mal mitgegangen, aber es hat echt Spaß gemacht! Zum einen ist es eine große Gruppe, also sieht vermutlich niemand so genau was ich mache und wie das so aussieht und dann hat der Tanzlehrer so eine energiegeladene positive Ausstrahlung, dass es einfach Spaß macht. Wir haben uns also im Anschluss gleich angemeldet :)
Zuhause habe ich dann Bruno, meinen brasilianischen Mitbewohner kennengelernt. Er ist 26 Jahre alt, für 1 1/2 Jahre hier, macht zunächst einen Englischkurs und wird anschließend für 1 Jahr Astronomie studieren. Obwohl sein Englisch wie gesagt nicht so gut ist, hat er gleich den ehrgeizigen Plan gefasst, dass ich ihm ja Deutsch beibringen könnte - er will mir dafür Schach beibringen^^
Auch Anthony (bzw sein richtiger Name ist Haoyuan, Anthony ist nur sein englischer Name) habe ich in der Zwischenzeit ein paar Mal gesehen, er scheint ebenfalls nett zu sein =)
Abends habe ich dann noch einen Anruf von der zweiten WG die ich mir angeschaut habe bekommen, ob ich schon etwas gefunden hätte und dass falls nicht sie sich freuen würden wenn ich einziehen will^^

Achja, und ich hab noch ein paar Bilder von der Uni für euch gemacht:

auf dem Weg hin, links schon erste Gebäude

Der Bus Loop

weitere Gebäude im Hintergrund, vorne links einer der zahlreichen Wasserspender auf dem Campus


links: Menzies, quasi DAS Gebäude der Arts Faculty; rechts: Centre for Indigenous Studies


Grünfläche hinter dem Campus Center

Hinter dem Campus Center, bei schönem Wetter nett zum Essen

Donnerstag

Donnerstags habe ich nur 2h Uni und zwar das schon erwähnte Tutorium zum "Crossing Cultural Interactions" Seminar. Eine Unistunde beginnt hier übrigens um 5 nach und endet um 5 vor, geht also ganze 5min länger als bei uns in Deutschland ;)
Die Dozentin dieses Kurses ist sehr nett, wirkt aber ein bisschen wie das weibliche Gegenstück des zerstreuten Professors. Sie hat uns zunächst von sich und ihrer Familie, also ihren persönlichen Erfahrungen zum Thema Cultural Interactions erzählt und dann haben wir uns in 3er Gruppen über unsere Erfahrungen ausgetauscht - also ich eher weniger, aber es war interessant was die anderen berichtet haben, besonders Cory (?), die halb-halb ist. Im Rahmen dieses Kurses müssen wir auch zwei Self-Reflective Writings verfassen, in denen wir über eben solche Fragen reflektieren sollen. Bei mir geht das ja aus offensichtlichen Gründen nicht wirklich, aber ich habe ein anderes Thema gefunden von dem sie gleich begeistert war. Ich befasse mich jetzt also mit dem Thema Remembering, weil mir im Laufe des Seminars klar geworden ist, dass Australien in dieser Hinsicht noch einiges aufzuholen hat, in den Schulen wird dieses Thema wohl gar nicht behandelt. Da der Kontrast zu Deutschland und dem Umgang mit dem Holocaust so groß ist, bietet es sich in diesem Fall einfach an =))
Danach habe ich ein paar Freunde getroffen und wir haben uns auf eine Wiese gesetzt um ein bisschen die Sonne zu genießen - allerdings war es trotzdem ziemlich kalt, da ein starker Wind ging. Der Wind ist hier sowieso viel stärker, dagegen ist das bei uns ein laues Lüftchen... Außerdem hat meine Hose jetzt ein paar Grasflecken, insgesamt also vielleicht nicht die beste Idee... :D
Um 4pm wurde dann das am Montag wegen des Streiks ausgefallene Screening von Schindlers Liste nachgeholt. Zu Beginn waren wir nur zu dritt, Alma, Mitchell (der den Kurs nicht mal belegt) und ich - hatte aber auf jeden Fall den Vorteil, dass Noah (Dozent) uns jetzt definitiv namentlich kennt, ich hoffe das wirkt sich irgendwie förderlich auf die Mitarbeitsnote aus ;D Ich habe mich zudem noch dazu bereit erklärt die DVD zu wechseln (der Film ist zu lang für eine DVD) und sie am Schluss mitzunehmen und ihm am Montag zu geben, weil er früher weg musste. Es kamen dann doch noch 2 weitere Studenten aus unserem Kurs und so haben immerhin 4 von etwa 60 (?) Kursteilnehmern den Film auf jeden Fall gesehen. Und ich muss sagen ich kann die Kritik nicht nachvollziehen, ich fand den Film beeindruckend und berührend und Alma hat mir später sogar noch erzählt dass sie einen der portraitierten Schindler Juden persönlich kennt, weil sie mit seinen Kindern zur Schule gegangen ist.

Freitag

Freitag hat gut begonnen, zuerst hat Jack mir ein Muffin geschenkt und dann hat mich Jed, mit dem ich mich auf einen Kaffee (bzw. Tee) getroffen habe, auch noch von seinen Anzac Cookies probieren lassen. Diese wurden während des 1. Weltkriegs von den Frauen entwickelt, die ihren Männern etwas schicken wollten, das nicht so schnell verdirbt.


Danach war ich eigentlich mit Franzi zu einer Sightseeing-Tour in der Stadt verabredet, die ist dann aber buchstäblich ins Wasser gefallen - wir wollen sie dann in den nächsten Wochen irgendwann nachholen =)
Abends war es dann zum Glück wieder trocken und so unternahmen wir einen weiteren Anlauf das Feuerwerk zu sehen. Zuerst sah es gar nicht gut aus, Diego, Andonny und ich hatten irgendwie den falschen Ausgang am Bahnhof erwischt und keine Ahnung wo wir uns befanden. Dank eines netten Aussies und weil wir uns echt beeilt haben sind wir dann fast noch rechtzeitig angekommen, hier die Beweisbilder :D




Im Laufe des Feuerwerks bzw kurz danach sind dann auch noch Bien, Paul, Kim, Anna, Julie, Mitchell, Sharlen und Chloe zu uns gestoßen und wir haben uns zu einer Karaoke Bar aufgemacht. Als wir an der angegebenen Adresse ankamen waren wir alle erstmal sehr skeptisch - alleine wäre da keiner von uns reingegangen. Im Schutz der Gruppe haben wir uns dann doch vrogewagt und innen sah es dann auch schon viel besser aus, wenn man von der Tatsache absieht dass quasi niemand da war. Die Getränke waren außerdem selbst für australische Verhältnisse sehr teuer, eine 0,33 Flasche Cider hat 10AUD gekostet, Anna und Julie haben für ihre kleinen Cocktails stolze $16 gezahlt...
Mit der Zeit hat sich die Bar dann aber gefüllt und wir hatten viel Spaß. Um kurz nach 9pm fing dann das Karaoke an:

Diego, Andonny, Paul und Mitchell singing Backstreet Boys :D

Ein wenig Alkohol später hatten Kim, Anna, Julie und ich uns dann entschlossen "Summer of '69" zu singen. Als wir allerdings um halb zwölf immer noch nicht aufgerufen worden waren mussten wir gehen - trotzdem Melbourne eine 4Mio Stadt ist kommt man hier nach 12/12:30 leider nicht mehr weit... Enttäuscht haben Kim und ich Bryan Adams dann einfach auf offener Straße wiedergegeben - und ich glaube es ist keiner weggerannt O:-)

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